09/06/2021

#4 Sicherung der Investition // Praxiswissen Eigentumswohnung

Es ist wohl das Horrorszenario eines jeden Immobilienkäufers: Er bezahlt, der Bauträger geht pleite und hinterlässt ihm statt einer schönen Neubauwohnung eine Bauruine. Tatsächlich ist die Insolvenzquote im Baugewerbe überdurchschnittlich hoch. Die gute Nachricht lautet jedoch: Sie können sich wirksam vor einer Bauträgerpleite schützen. Dafür gibt es sogar gesetzliche Regelungen. Sie legen fest, dass der Bauträger erst bauen muss, bevor Sie bezahlen.

Insolvenzquote im Baugewerbe ist überdurchschnittlich hoch

In der Baubranche gibt es immer wieder Probleme mit zahlungsunfähigen Bauträgern. Häuser und Wohnungen bleiben als Bauruinen zurück. Bauträger tauchen ab und sind während der Gewährleistungsphase und nach deren Ablauf nicht mehr erreichbar. Die Insolvenzquote im Baugewerbe sei überdurchschnittlich hoch, so der Inkassodienstleister Creditreform: Im Jahr 2018 gingen im deutschen Baugewerbe durchschnittlich 89 Unternehmen von 10.000 bankrott. Im Bauhauptgewerbe waren es sogar 126. Zum Vergleich: Im verarbeitenden Gewerbe waren es mit 42 Pleiten nicht einmal halb so viele.

Dafür verantwortlich ist meist das kurzfristige Gewinnstreben der Bauträger. Die niedrige Eigenkapitalquote durch hohe Gewinnausschüttungen der Gesellschafter spielt auch oft eine Rolle, wenn Bauträger Insolvenz anmelden müssen. Fehlkalkulationen mangels Erfahrung und hohe Mängelbeseitigungskosten spielen sicherlich auch eine Rolle. Zu bedenken ist aber auch, dass quasi jeder Mensch Bauträger werden kann. Dazu benötigt man keine Qualifikation oder nachweisliche Ausbildung. Dies führt dazu, dass es auf dem Immobilienmarkt viele „schwarze Schafe“ gibt, die schnelles Geld machen wollen.

So schützen Sie sich vor der Pleite des Bauträgers

Wie können Sie sich als Käufer einer Neubauwohnung vor der Pleite des Bauträgers schützen bzw. vor allen anderen Ereignissen und Entwicklungen, die Ihre Investition gefährden?

Bauträger muss vom Fach sein: Zunächst einmal und am allerwichtigsten: Vorsicht vor Bauträgern, die nicht vom Fach sind! Die Tatsache, dass ein Unternehmen sich als „Bauträger“ bezeichnet, bedeutet nicht zwingend, dass es sich hier um einen Handwerks- oder Baubetrieb handelt! Ein Bauträger ist zunächst einfach nur ein Unternehmen, das ein Baugrundstück erwirbt und darauf eine Immobilie baut. Oft sind es Makler oder Vertriebsunternehmen.

Schauen Sie sich das Exposé genau an: Informieren Sie sich vor einem Wohnungskauf gründlich über den Bauträger, um Ihre Investition abzusichern. Schauen Sie sich das Exposé des Bauvorhabens und die Baupläne des Architekten intensiv an. In einem guten und aussagekräftigen Exposé stehen mindestens Name und komplette Anschrift des Bauträgers. Außerdem findet sich dort eine Lagebezeichnung. Wie viele Einheiten (Wohnungen oder Häuser) entstehen dort und werden verkauft? Idealerweise sind bemaßte Grundrisse inklusive Quadratmeterangabe und Nordpfeil enthalten, auch ein Plan der Lage der Wohnung im Haus. Es sollten außerdem mindestens einige Ausstattungsmerkmale genannt sein. Eine Preisliste ist ebenfalls wichtig – mit einer genauen Quadratmeterpreisangabe und einem Preis für die Garage oder den Stellplatz.

Musterhäuser, Referenzen, Austausch mit anderen Käufern: Wie lange ist dieses Unternehmen schon im Markt tätig? Gibt es unabhängige Ratings, in denen das Unternehmen verzeichnet ist? Lassen Sie sich Referenzen zeigen, besichtigen Sie Musterhäuser und, wenn irgendwie möglich, eine Baustelle, die dieser Bauträger betreut. Empfehlenswert ist es auch, sich mit anderen Eigentümern bzw. Käufern über deren Erfahrungen auszutauschen. Ein guter und kundenorientierter Bauträger wird die Eigentümergemeinschaft schon im Vorfeld aktiv zusammenbringen und so den Community-Geist pflegen, indem er sie beispielsweise zu Grundsteinlegung und Richtfesten einlädt.

Zahlen prüfen, Bürgschaft als Verlustgarantie, Zahlungen an Baufortschritt knüpfen: Versuchen Sie außerdem, genaue Zahlen in Erfahrung zu bringen: Wie ist es um Bonität und Eigenkapitalquote des Bauträgers bestellt? Sind beide hoch? Ist das Ausfallrisiko durch (Bank-) Bürgschaften abgesichert? Seriöse Bauträger werden Ihnen eine fünfprozentige Bürgschaft als Verlustgarantie liefern – fordern Sie diese unbedingt ein! Klären Sie auch, welche Vorauszahlungen Sie ggf. leisten müssen. Schon während Ihr neues Zuhause gebaut wird, sind Sie vor den Folgen einer Insolvenz des Bauträgers geschützt, und zwar durch die Vorgaben der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). Diese legen fest, dass Ihre Zahlungen an den Bauträger an den Baufortschritt geknüpft sind.

Gewährleistungspflicht von fünf Jahren: Das Bürgerliche Gesetzbuch schreibt eine Gewährleistungspflicht von fünf Jahren nach Abnahme Ihrer Wohnung vor. Das bedeutet, dass Sie innerhalb dieses Zeitraums Mängel geltend machen können. Haben sich Setzrisse gebildet? Läuft das Wasser nicht gut vom Balkon ab? Bildet sich Feuchtigkeit in den Zimmerecken? Es ist dabei entscheidend, ob die Mängel durch falsche Bautätigkeit oder durch falsches Wohn- bzw. Nutzungsverhalten entstanden sind. Ein Tipp: Notieren Sie sich in Ihrem Kalender, dass Sie vor Ablauf dieser fünfjährigen Gewährleistungsfrist noch einmal mit Ihrem Bauträger Ihre Neubauwohnung bzw. Ihren Anteil am Gebäude gewissenhaft auf eventuelle Mängel prüfen. Ein guter Bauträger wird Ihnen diesen Schritt von sich aus anbieten.

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Praxiswissen Eigentumswohnung: Was sie vor dem Kauf einer Eigentumswohnung wissen sollten // Matthias Krieger

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