07/26/2020

Nachhaltig investieren: Zahlt sich eine Eigentumswohnung derzeit als Kapitalanlage aus?

Die Beliebtheit von Wohnimmobilien ist seit Jahren ungebrochen. Allerdings kann niemand vorhersagen, wie sich die Corona-Krise und Rezession künftig auf die Immobilienmärkte auswirken werden. Zwar ist Baugeld von der Bank derzeit sehr günstig, und Schuldzinsen können Kapitalanleger auch steuerlich geltend machen, dennoch sind die Herausforderungen enorm, wenn sich eine Eigentumswohnung als Kapitalanlage nachhaltig auszahlen soll. Zunächst ist es wichtig, sich der eingeschränkten Rechte bewusst zu sein, denn der Käufer wird Mitglied einer Eigentümergemeinschaft (WEG) und erwirbt auch einen bestimmten Anteil am Grundstück und restlichem Haus. Oft wird die Zustimmung ihrer Miteigentümer benötigt. Zudem fließen auch Faktoren wie nicht umlagefähige Betriebskosten und andere Vermieter-Ausgaben ein.

Interview mit dem Immobilienexperten Matthias Krieger

Herr Krieger, wie erklären Sie den Preisauftrieb bei den Immobilien?

Das sind die immer noch niedrigen Zinsen. Sie machen Immobilieninvestments zu einer lukrativen Anlage. Ein weiterer Faktor ist das Bevölkerungswachstum in den Städten. Immer mehr Menschen wollen dort leben, wo die Wirtschaft boomt und die Infrastruktur gut ist: Es gibt ausreichend Geschäfte und Supermärkte, Kindergärten und Schulen für die Kinder liegen um die Ecke, der öffentliche Nahverkehr ist gut erreichbar, es gibt gute Ärzte und Krankenhäuser sowie ein attraktives, kulturelles Angebot – und damit ist die Lebensqualität hoch. Von dieser Entwicklung profitieren insbesondere die Metropolregionen. Aber auch jenseits davon entstehen sogenannte Trend-Regionen.

Können Sie ein paar Beispiele geben?

Das bayerische Weißenburg-Gunzenhausen südlich von Nürnberg ist ein Beispiel dafür: Hier stiegen die Immobilienpreise um gut fünfundzwanzig Prozent, in Potsdam um neunzehn Prozent, in der Uckermark um gut siebzehn Prozent, in Schweinfurt um knapp siebzehn Prozent.

Gibt es auch Verlierer dieser Entwicklung?

Seit vielen Jahren existiert in Deutschland in Süd-Nord-Gefälle und ein West-Ost-Gefälle, sprich: im Süden und im Westen Deutschlands ist die Lage für Immobilien attraktiver und dementsprechend sind die Immobilien teurer als im Norden oder im Osten. Das wird auch dann wichtig, wenn man eine Immobilie verkaufen möchte: So sind beispielsweise im Landkreis Straubing-Bogen in Niederbayern die Immobilienpreise 2017 um mehr als sechsundzwanzig Prozent gesunken, im Landkreis Main-Spessart in Unterfranken um einundzwanzig Prozent und im thüringischen Nordhausen um gut achtzehn Prozent. Der Rückgang der Immobilienpreise hängt stark mit den sinkenden Einwohnerzahlen in der jeweiligen Region zusammen.

Was rentiert sich mehr: Eine neugebaute Wohnung oder eine Gebrauchtimmobilie?

Bestandsimmobilien sind zwar deutlich günstiger als Neubauwohnungen, bieten hohe Bruttomietrenditen und haben viel Charme, doch sind die Risiken nicht zu unterschätzen. Eventuell anfallende Modernisierungskosten oder umfangreiche Sanierungen von Dach oder Heizungsanlage lassen die Rendite schnell schrumpfen. Oder führen schlimmstenfalls dazu, dass der Besitzer kräftig zuschießen muss. Wenn Heizungsanlage, Dach, Dämmung, Elektroinstallationen, Stromleitungen, Fassade sowie Rohrleitungsnetz nicht mehr heutigen Normen entsprechen und technisch auf einem alten Stand sind, steigt das Risiko, dass sie ausfallen und bald ersetzt werden müssen. Bei älteren Objekten sollte auf die Höhe der WEG-umlagen geachtet werden, um die Instandhaltung ohne belastende Sonderumlagen zu sichern.

Auch ein guter energetischer Standard ist wichtig. Altbauten haben in der Regel keine gedämmten Wände – hier könnten immense Kosten entstehen. Die Immobilie sollte außerdem keine Bau- oder Bergbauschäden aufweisen. Auch Fälle von mangelhaft befüllten Stollen aus dem Zweiten Weltkrieg kann es geben – die dann nach vielen Jahrzehnten einbrechen und ganze Häuser zum Absacken bringen können. Um solche Schäden zu erkennen, bedarf es zudem teurer Gutachten.

Ein wichtiger Vorteil bei der Vermietung einer Eigentumswohnung ist die Steuerersparnis. Was kann alles abgesetzt werden?

Fast alle Kosten für die vermietete Immobilie können abgesetzt werden. Dazu gehören Notarkosten, Kreditzinsen, Renovierungsausgaben, Gartengeräte etc. Die Abschreibung des Gebäudes über Jahrzehnte ist ein weiterer großer Posten. Attraktiv ist seit August 2019 auch die Sonderabschreibung für neu gebaute Mietwohnungen: Sie erlaubt, vier Jahre lang je fünf Prozent der Gebäudekosten abzusetzen – zusätzlich zur normalen Abschreibung von zwei Prozent im Jahr. Wer eine denkmalgeschützte Immobilie kauft und saniert, kann auf besonders hohe Abschreibungsmöglichkeiten bauen

Welche Rolle spielt die Lage?

Je besser die Lage, desto wertbeständiger ist die Immobilie. Neben den persönlichen Vorlieben gibt es eine Vielzahl objektiver Kriterien, die den Preis-Nutzen-Vorteil definieren. Wenn langfristig Wert erhalten oder gewonnen werden soll, ist neben der Mikrolage - gute Straßenanbindung, der fußläufig erreichbare öffentliche Nahverkehr, geringe Lärm- und Luftemissionen, passendes soziales Niveau der Nachbarschaft, gute Infrastruktur mit Geschäften, Ärzten, Apotheken, Schulen, kulturellen und gastronomischen Angeboten sowie generell ein hoher Freizeit- und Erholungswert – vor allem die Makrolage entscheidend. Dazu gehört nach wie vor München, gefolgt von Frankfurt am Main, Hamburg, Stuttgart, Berlin, Düsseldorf und Köln. Diese sieben Städte bezeichnet man deshalb auch als A-Städte.

Was heißt das?

Das heißt nichts anderes, als dass der Immobilienmarkt in diesen Städten sowohl national als auch international von großer Bedeutung ist und schon seit Längerem im Fokus internationaler Investoren steht. Die Nachfrage nach Immobilien kommt deshalb von regionalen, überregionalen, nationalen und internationalen Akteuren und ist entsprechend groß.

Vielen Dank für das Gespräch.

Geführt von Dr. Alexandra Hildebrandt

Publizistin und Autorin, Nachhaltigkeitsexpertin
Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widmet sich Dr. Alexandra Hildebrandt den Visionären von heute und den Gestaltern von morgen. Beim Verlag Springer Gabler gab sie 2018 das gleichnamige Managementbuch sowie die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement heraus.

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